Achim Clemens

Über Peter Feuchtwangers Klavierübungen

Von Achim Clemens

Peter Feuchtwangers Unterricht ist ein ganzheitlicher, die Erweiterung des musiktheoretischen Wissens, die Schulung des musikalischen Gehörs und der inneren Klangvorstellung und die Arbeit an der Klaviertechnik gleichermaßen umfassend.
So kann man denn auch seine Übungen nur in diesem größeren Zusammenhang richtig verstehen. Ziel dieser Übungen ist es, den Spielapparat von allen unnötigen Anspannungen zu befreien, so daß die Arbeit der wirklich an der Bewegung notwendig beteiligten Muskelgruppen in keiner Weise behindert wird; ein Vergleich mit ostasiatischen Kampfkünsten ist erlaubt: auch hier werden beeindruckende Ergebnisse erzielt, nur weil Bewegungen ohne störende Muskelhemmungen mit dem absolut richtigen ‚Timing´ im wahrsten Sinne des Wortes ‚auf den Punkt gebracht´ werden.
Peter Feuchtwanger steht in manchen Aspekten seiner Lehre dem großen Pianisten Josef Lhévinne nahe, der 1874 in Rußland geboren wurde. Ebenso wie dieser schöpft Feuchtwanger in seinem eigenen Klavierspiel selbst aus einem ungeheuer beeindruckenden technischen Fundus. Über Lhévinne wird berichtet, er habe die Oktav-Glissandi aus Brahms´ Paganini Variationen prestissimo, staccato und pianissimo genommen. Ähnliches habe ich auch bei Feuchtwanger erlebt, er demonstrierte auch andere technische Elemente wie Tonleitern, Terzen, Triller etc., äußerst virtuos, immer mit sehr schönem Ton, mühelos, natürlich und absolut selbstverständlich.
Durch Selbstbeobachtung hat Feuchtwanger herausgefunden, auf welche Weise er diese außergewöhnliche Gewandtheit erreicht. Diese Erkenntnisse finden sich, wohldurchdacht und geordnet, in seinen Übungen wieder.
Viele technische Einzelelemente tauchen einen roten Faden bildend immer wieder in anderen Erscheinungsformen auf. Dieses permanente Umgehen mit - korrekt ausgeführten- Bewegungselementen in immer neuem Gewand erzeugt im Studenten ein prinzipielles Verständnis für klaviertechnische Abläufe, das er dann im fortgeschrittenen Stadium auch selbständig auf die Anforderungen der von ihm gerade studierten Werke anwenden kann.
Die Übungen dienen dazu, im ersten Schritt die richtigen Bewegungsabläufe begreiflich und körperlich erfahrbar zu machen, und sie dann im zweiten Schritt so zu verinnerlichen, daß der Bewegungsapparat dann auch beim Studium neuer Werke das Richtige ganz automatisch und natürlich selbst findet.
Im Grunde genommen sind die Übungen wie auch die dahinterstehenden Prinzipien einfach und sehr logisch. Aber wie in fast allen Dingen ist das Einfach und Richtige am schwersten zu erkennen, und man muß es aus einem Chaos an Unnötigem, Überflüssigem, Störendem und Falschem herausdestillieren in einem Prozeß jahrelanger harter Arbeit, die dann noch nicht einmal zwingend zum Erfolg führen muß.
Peter Feuchtwanger verkürzt diesen langen, unsicheren und schwierigen Prozeß und führt seine Studenten auf dem richtigen Wege zum Ziel, dafür schulden wir ihm Dank.